Wo in unserem Körper findet Vibration statt, wenn wir sprechen und singen? Können wir Einfluss darauf nehmen und wie wirkt es sich auf den Klang unserer Stimme aus, wenn wir unterschiedliche Bestandteile unseres Stimmapparats mit einbeziehen? Braucht man zum Singen Kraft und Anstrengung, oder geht es um das genaue Gegenteil? Fragen wie diesen widmeten wir uns am Samstag, den 29.10.2016 im Rahmen eines Stimmbildungs-Workshops.
Die Methode entstammt dem Lichtenberger Institut für angewandte Stimmphysiologie. Das Institut war ursprünglich der TU Darmstadt angegliedert und untersuchte die Belastungen, denen Musiker bei ihrer Arbeit ausgesetzt sind. Mittlerweile beschäftigt sich das Institut, von einem Arbeitswissenschaftler und einer Gesangspädagogin geleitet, verstärkt mit der Gesangs- und Sprechstimme.
Meine Mutter, Sängerin und Musiklehrerin, besucht das Lichtenberger Institut für angewandte Stimmphysiologie seit mittlerweile 15 Jahren und hat in den letzten Jahren eine Ausbildung zur Stimmpädagogin absolviert. Seitdem gibt sie Gesangsunterricht und bietet Kurse wie den unsrigen an.
Der Kurs fand in zwei Teilen statt, die zusammen den gesamten Tag füllen sollten. Am Vormittag beschäftigten wir uns mit der Sprechstimme. Im Vordergrund stand dabei, wie auch später beim Singen, immer die Frage, wo wir überall Vibration wahrnehmen und wahrnehmen können. Durch gezielte Fragen lenkte sie unsere Aufmerksamkeit auf einzelne Körperregionen, die Teil des eigenen Stimmapparats sein können. Hierzu gibt es einige simple Hilfestellungen, die das Wahrnehmen der stattfindenden Vibration erleichtern. Einer nach dem anderen hielten wir uns einen Ballon in geringem Abstand vor den Mund, rezitierten Gedichte und hörten uns gegenseitig zu. Ziel des ganzen war in erster Linie eine Wahrnehmungsübung und das Schulen der Aufmerksamkeit für Veränderungen, die im eigenen Körper und in der Stimme der anderen vor sich gehen.
Nach einer Mittagspause ging es dann um die Singstimme, was uns natürlich am meisten interessierte. Wieder einer nach dem anderen kamen wir zu ihr ans Klavier und erhielten eine Art Frontalunterricht, sangen vor den anderen und reflektierten gemeinsam über wahrgenommene Veränderungen. Dabei ist zu betonen, dass es hierbei nicht um das Singen im klassischen Sinne ging, sondern darum zu tönen, Klang zu erzeugen. Dementsprechend sangen wir nur Vokale (ah-oh-ah), während sie uns mit Fragen dahingehend lenkte, immer neue und andere Teile unseres Stimmapparats einzubeziehen.
So simpel das auch klingt und ist, die Veränderungen waren teilweise enorm! Innerhalb einer Viertelstunde machten sich spürbar angenehme Veränderungen im Stimmklang bemerkbar. Sowohl für den Tönenden, als auch für die Zuhörer. Jeder von uns, das wurde klar, hat eine andere Herangehensweise. Jeder reagiert anders auf Fragen und Hinweise und braucht andere Impulse, um seine Stimme zu lenken. Und wenn es nur die eigenen Hände sind, die wie ein Trichter vor dem Mund platziert werden. Nachdem wir unsere anfängliche Scheu überwunden hatten, erfuhren wir alle, wie viel leichter und dabei tragfähiger und intensiver unsere Stimme klingen kann.
Insgesamt lässt sich ein sehr positives Resümee ziehen. Insbesondere, wenn man der Idee im Vorhinein skeptisch gegenüberstand und sich auch in den ersten Stunden fragte, was denn diese ganze Sache mit der dauernden Vibration solle, haben die drastischen Veränderungen im Klang in erster Linie beeindruckt. Ob der positiven Rückmeldung werde ich mich darum bemühen, dass ein solcher Workshop in Zukunft noch einmal stattfinden kann.